hannover.t-online - Nachrichten für Hannover
Such Icon
hannover.t-online - Nachrichten für Hannover
Such IconE-Mail IconMenü Icon


Hannover

Hannover: Das ist der Plan für den Stadtbahntunnel an der Sallstraße


Tunnel, Tickets und Tempo
Verkehr in Hannover: "Ohne neue Trasse kollabiert das System"

  • Patrick Schiller ist t-online Regio Redakteur in Hannover.
InterviewEin Interview von Patrick Schiller

Aktualisiert am 06.11.2025Lesedauer: 4 Min.
Luftbild vom Stadtteil Limmer (Archivbild): Die Bevölkerung in Hannover ist binnen eines Jahres rasant gewachsen.Vergrößern des Bildes
Luftbild vom Stadtteil Limmer (Archivbild): Die Bevölkerung in Hannover ist binnen eines Jahres rasant gewachsen. (Quelle: imagebroker/imago-images-bilder)
News folgen

Seit 15 Jahren kämpft er für Hannovers Verkehrswende – im Interview erklärt Ulf-Birger Franz, wo diese wirklich steht.

Die Region Hannover will die Verkehrswende schaffen – mit neuen Stadtbahnstrecken, Tunneln und günstigeren Tickets. Doch viele Projekte kommen nur langsam voran.

Ulf-Birger Franz (SPD) ist seit 15 Jahren der verantwortliche Dezernent für Wirtschaft und Verkehr. Er gilt als nüchterner Stratege mit großem Einfluss – und als Mann, der sich zwischen politischen Erwartungen und finanziellen Grenzen behaupten muss.

Im Interview mit t-online spricht Franz über den geplanten D-Tunne und den Streit über den Stadtbahnanschluss der neuen Medizinischen Hochschule – und darüber, warum er sich trotz allem für einen Realisten hält, der liefern will.

t-online: Herr Franz, Sie sind seit 15 Jahren im Amt. Wenn man heute durch Hannover fährt, fühlt sich das aber auch oft an wie vor fünfzehn Jahren. Woran machen Sie persönlich Fortschritte fest?

Ulf-Birger Franz: Wir sehen heute deutlich mehr Radverkehr, auch viele Pedelecs. Der Eisenbahn-Nahverkehr wird stärker genutzt, der Regionalverkehr hat sich gegenüber der Expo 2000 verdoppelt. Und durch Homeoffice verschieben sich Spitzenzeiten. Außerdem entstehen neue Radwege, bessere Infrastruktur. Hannover bewegt sich schon, wenn auch nicht überall sichtbar.

Trotzdem bleibt das Auto dominierend. Gibt es konkrete Zahlen, die belegen, dass sich Ihre Maßnahmen wirklich auszahlen – oder bleibt das eher ein Bauchgefühl?

Wir messen das Verkehrsaufkommen im sogenannten Umweltverbund, also den Radverkehr, ÖPNV und Fußverkehr. Dessen Anteil steigt kontinuierlich. Hannover liegt bundesweit vorn. Corona war ein Einbruch, aber wir holen auf. Die Zahl der Fahrgäste wächst wieder. Und am Ende entscheidet das Angebot: Wenn wir Takte verdichten, steigen die Menschen auch ein.

Regionspräsident Steffen Krach (SPD), Sozialdezernentin Dr. Andrea Hanke und Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz stellen das neue Angebot für die Region Hannover vor.
Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz (SPD) (Archivbild). (Quelle: Patrick Schiller)

Zur Person

Ulf-Birger Franz (*1966 in Hannover-Linden) ist seit 2010 Dezernent für Wirtschaft und Verkehr der Region Hannover. Der SPD-Politiker verantwortet zentrale Themen wie Nahverkehr, Straßenbau und regionale Wirtschaftsförderung. In dieser Rolle ist er zugleich Geschäftsführer von Großraum-Verkehr Hannover (GVH) und Aufsichtsratsvorsitzender der ÜSTRA Hannoversche Verkehrsbetriebe.

Sie haben mit großem Aufwand den Masterplan Stadtbahn 2030 vorgestellt – ein Sammelwerk aus Taktverdichtungen, Neubaustrecken und Zukunftsvisionen. Auf dem Papier klingt das nach Verkehrswende. Aber was davon ist bis 2027 wirklich sichtbar?

Wir haben die Planungen für neue Projekte gestartet, etwa einen Stadtbahntunnel unter der Sallstraße. Das ist kein Wunschdenken: Die Regionsversammlung hat dafür Planungsmittel freigegeben. Wir reden über bis zu 20.000 zusätzliche Fahrgäste pro Tag. Außerdem bauen wir Buslinien aus, verbessern Takte, schließen Angebotslücken. Die neue Anbindung an Hemmingen zeigt, dass sich eine solche Verlängerung lohnt – wir zählen dort 7.000 neue Fahrgäste pro Tag.

Und: Wir stoßen an Grenzen. Der Tunnel unter der Marienstraße ist voll, da passt keine weitere Linie mehr durch. Um den Kronsberg besser anzubinden, benötigen wir die zusätzliche Strecke unter der Sallstraße. Er ist die Voraussetzung, damit das Netz überhaupt weiterwachsen kann.

Die Verlängerung Hemmingen war aber ein Lehrstück bezüglich Bauverzögerungen. Warum sollte es bei neuen Projekten anders laufen?

Ganz ausschließen lässt sich das nicht. Die Verfahren sind komplexer, Baufirmen rar. Aber wir haben leistungsfähige Strukturen mit Infra und TransTec Bau. Eine Anbindung an die Medizinische Hochschule Hannover ließe sich in unter zehn Jahren realisieren, der D-Tunnel in etwa 15. Das ist realistisch – wenn alle mitziehen.

"Wenn alle mitziehen" – heißt: bisher tun sie es nicht?

Doch. Die Förderkulisse steht, der Bund würde 75 Prozent, das Land 10 Prozent zahlen. Aber es braucht bei allen Projekten natürlich die politischen Mehrheiten und das Personal. Denn ohne Planer und ausführende Firmen bleiben Projekte Papier.

Sie galten lange als Tunnel-Skeptiker. Jetzt verteidigen Sie das Projekt D-Tunnel vehement. Was hat Sie bekehrt – oder politisch überzeugt?

Ich war nie gegen einen Tunnel, nur Pragmatiker. Am Ende bauen wir für die Fahrgäste. Die alte Tunnelplanung mit einer Station am nördlichen Raschplatz war überholt und nicht attraktiv. Jetzt reden wir über eine sinnvolle Trasse unter der Sallstraße, realistisch und wirtschaftlich. Oberirdisch wäre das kaum machbar, also ist unterirdisch die bessere Lösung.

Pragmatismus hat seinen Preis. Wie hoch ist der dieses Mal?

Wir kalkulieren 500 bis 700 Millionen Euro. Viel Geld, aber mit bis zu 20.000 zusätzlichen Fahrten pro Tag im Verhältnis vertretbar. Ohne neue Trasse kollabiert das System langfristig. Der Tunnel entlastet Marienstraße und Hildesheimer Straße. Sonst erleben wir hier das, was die Deutsche Bahn auf ihren Hauptstrecken hat: eine Verspätungskaskade.

Das ist deutlich mehr Geld als bisher bekannt. Aber wann fällt endlich eine Entscheidung, nicht nur ein Beschluss?

Die Regionsversammlung hat die Planung beschlossen. Jetzt folgt die Ausschreibung für ein erfahrenes Ingenieurbüro. Über den Bau selbst wird wohl 2027 entschieden, in den 30ern könnte er gebaut werden.

Klingt, als wären Sie auch von Ihrem eigenen Tempo nicht ganz überzeugt.

(lacht) Große Infrastrukturprojekte brauchen viel Geduld und Energie. Die haben wir.

Kommen wir zum nächsten Großprojekt – die neue Medizinische Hochschule. In Groß-Buchholz entsteht für Milliarden ein komplett neues Klinikum, aber ohne Stadtbahnanschluss. Wie kann das sein?

Das ist für uns völlig unverständlich. Da haben Leute geplant, die keine Verkehrsplaner sind. Die Idee, die Klinik mit einem Busshuttle zu erschließen, ist absurd: Zweimal umsteigen vom Hauptbahnhof, das tut sich niemand an. Unsere Simulation zeigt: 14.000 Fahrgäste mit Shuttle, 19.000 mit direktem Stadtbahn-Anschluss. Die Busvariante bedeutet mindestens 3.000 zusätzliche Autofahrten pro Tag – das kann niemand wollen.

Loading...
Loading...

Trotz solcher Zahlen zieht das Land die Stadtbahnvariante nicht vor. Warum schaffen Sie es nicht, das politisch durchzusetzen?

Wir werden die Planung weiterverfolgen. Ich bin weiterhin überzeugt, dass am Ende eine Stadtbahn kommt.

Und bei der S-Bahn läuft’s trotzdem miserabel. Wer übernimmt dafür Verantwortung – Sie oder die Bahn?

Das Schienennetz liegt beim Bund, wir sind Besteller und damit indirekt Leidtragende. Die Deutsche Bahn ist in der Pflicht, ihre Infrastruktur von Grund auf zu sanieren. Gemeinsam möchten wir dann den Regionalverkehr in den nächsten zwei Jahrzehnten gerne verdoppeln. Das geht aber nur auf einem modernen Schienennetz.

Wenn Sie 2030 auf Ihr Wirken zurückblicken werden: Woran sollen die Menschen in Hannover merken, dass Sie persönlich Erfolg hatten?

Ich möchte das gar nicht an meiner Person festmachen. Wichtig ist, dass wir am Ende sagen können: Wir haben Hannover mobil gemacht – mit Mut, mit neuen Konzepten, mit Investitionen in Infrastruktur.

Herr Franz, vielen Dank für das Gespräch!

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Ulf-Birger Franz
  • Eigene Recherche
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...




Telekom